Essays

2019 Leichtigkeit im Schweren finden / Michael Hansal

Über die Trager-Methode bin ich zufällig gestolpert, als ich irgendwas im Internet gesucht habe. Ich konnte mich an eine kleine Anekdote erinnern, die ich im Rahmen meiner Feldenkrais-Ausbildung aufgeschnappt hatte, und daran erinnerte ich mich wieder. Das hatte irgendwie meine Neugier geweckt, und so machte ich mir gleich einen „Kennenlern-Termin“ aus. Ich fand meine erste Trager-Sitzung bemerkenswert angenehm, und auch der Effekt am Ende der Stunde war beeindruckend. Ich kannte ähnliche Effekte nur von guten Feldenkrais-Sitzungen. Zufällig war kurze Zeit später ein Trager-Wochenend-Workshop in Wien, an dem ich gleich teilnehmen wollte, um mehr über diese Methode zu erfahren. Dort erfuhr ich, dass bald das Level 1 der Ausbildung anfangen würde. Also bin ich ins kalte Wasser gesprungen und entschloss mich, daran teilzunehmen.

Es gab einige sympathische Aspekte, die mir schnell aufgefallen sind. Erstens die sehr kleine „Szene“ - das hatte den Nimbus von einigen engagierten Leuten, die viel Herzblut investierten, um die Methode vor dem Vergessen zu bewahren. Es hat in mir die Motivation geweckt, diese Chance zu nutzen und die Ausbildung auch tatsächlich durchzuziehen.
Außerdem fand ich den Aufbau der Ausbildung praktisch, vor allem dass man gleich nach dem ersten Level schon das Handwerkszeug hatte, um eine ganze Trager-Stunde geben zu können. Das erwies sich in den Übungsstunden mit Freunden als sehr vorteilhaft. In meiner Feldenkrais-Ausbildung, die ich aus verschiedenen Gründen unter Anderem als sehr stressig erlebte, hatte man zwischen den einzelnen Ausbildungsblöcken kaum mehr als einzelne „Teile“ zur Verfügung. Das gab mir damals beim Üben immer wieder das Gefühl, eigentlich gar nicht zu wissen, was ich da genau mache. Im Gegensatz dazu war es beim Trager-Üben ein organisches Ganzes.
Dementsprechend positiv war auch das Feedback der Leute, an denen ich übte. Ausnahmslos alle fanden es sehr angenehm. Was natürlich nicht nur motivierend war, sondern mir auch mehr Freiheit schenkte, ein bisschen herumzuprobieren und insgesamt entspannter dabei zu sein.

Außerdem fand ich die Methode selbst verspielter und irgendwie freundlich, nicht so verbissen und narzisstisch, wie ich es bei manchen Vertretern anderer Körperbewusstseinsmethoden immer wieder empfunden hatte.
Insgesamt empfand ich den Ausbildungsprozess also als ziemlich entspannt und motivierend, verbunden mit dem persönlich leicht heldenhaften Anspruch, dieses Erbe vor dem Vergessen zu bewahren.

Die persönlichen Auswirkungen auf mein Befinden, mein Selbstbild und mein Leben sind oft subtil und komplex miteinander verwoben, deshalb auch schwieriger in Worte in fassen.
Einzelne Faktoren, wie mehr Bewusstheit für die Bedeutung von Gewicht, Leichtigkeit, Rhythmus, Wellenbewegungen, die Qualität von Berührung, Loslassen, etc. sind noch gut verbalisierbar. Andere Wirkungen betreffen mehr so ganzheitliche Aspekte wie das unmittelbare Selbstbild oder den Bezug zu Erdung und Freiheit. Ich spüre mich fluider und weicher, gleichzeitig aber auch stabiler und verwurzelter, mit mehr Bewusstheit für den inneren und äußeren Raum und die unbegrenzten Möglichkeiten von potenziellen Zusammenhängen einzelner „Teile“. Das führt zu einem Gefühl von Offenheit und Flexibilität, aber auch Klarheit, ohne eine gleichzeitige diffuse Verwischung der Grenzen von „Innen und Außen“, „Hier und Dort“, „Oben und Unten“, usw.

Oft fallen mir auch im Alltag überraschende Effekte auf, die sich nicht auf einzelne Ursachen zurückführen lassen. Beispielsweise Bewegungen, die plötzlich irgendwie in einen Ablauf integriert sind, ohne dass das absichtlich geplant gewesen wäre. Oder ich entdecke, dass ich etwas „besser“ kann als früher, ohne mich vorher gezielt damit befasst zu haben.

Außerdem merke ich einen Einfluss auf meine allgemeine Einstellung. Ich bin insgesamt weniger perfektionistisch und urteilender. Dinge dürfen auch einfach so sein, ohne gleich verbessert oder repariert werden zu müssen. Was aber auch mehr Freiheit bedeutet, sich trotzdem erweitern und verändern zu dürfen, in seiner eigenen Zeit und innerhalb der momentanen Möglichkeiten. Wobei auch die Richtung offener ist – ausdehnen oder zusammenziehen, entspannen oder anspannen, besser oder schlechter funktionieren – jedenfalls muss es nicht genauso bleiben und darf in Bewegung sein. Wohin und wozu ist sekundär.
Das führt auch manchmal auf paradoxe Ebenen wie Mühelosigkeit im Mühevollen, Leichtigkeit im Schweren oder Entspannung im Stress.
Das ist oft gar nicht so einfach zu vermitteln. Oft fragen mich meine „Übungsobjekte“ nach einer Stunde, ob mir irgendetwas aufgefallen wäre in Hinblick darauf, was „falsch“, verspannt, problematisch an ihrem Körper ist. Dann versuche ich klarzumachen, dass das nicht die Art und Weise ist, wie ich denke, wenn ich eine Trager-Stunde gebe. Mittlerweile hab ich aber gelernt, dass Menschen oft erst befriedigt sind, wenn sie das Gefühl haben, irgendeine Art von Feedback zu bekommen. Dann gebe ich ihnen meistens leichte Aufgaben mit, die ihnen gut tun könnten.

Fazit: Ich bin jedenfalls sehr dankbar, die Trager-Methode für mich entdeckt zu haben. Das Schöne dabei ist, dass es nie an einen Endpunkt gelangt, sondern ein Prozess ist, bei dem man immer mehr

2019 Gelassene Präsenz / Patrick Wolf

Vor etwas weniger als drei Jahren kam ich zum ersten Mal mit Trager in Berührung. Und Berührung trifft es. Bei Trager geht es um Berührung. Ein Freund hatte ein paar Sitzungen bei einem Praktiker genommen und mir davon erzählt. Er beschrieb es als angenehm. Dadurch konnte ich mir zwar nicht viel darunter vorstellen, aber ich wurde neugierig auf dieses angenehme Gefühl.

Einige Monate davor hatte ich eine Stelle als Sozialarbeiter angenommen. Eine Stelle, die mich sehr bereichert, aber auch fordert und mich manchmal an meine Grenzen bringt. Ich neige dazu, viel zu geben und mich selbst zu verlassen. Geistig, emotional, aber auch meinen Körper. Ich suchte daher nach einem Ausgleich, der mich in Balance hält und einem Erschöpfungszustand, wie ich ihn von früher kenne, vorbeugt.

Zu meiner ersten Trager Sitzung kam ich zu spät. Ich nahm sie am 7.6.2016 bei Hedi. Das weiß ich genau, weil ich seit mit diesem Tag Aufzeichnungen über meine Erfahrungen mit Trager mache. Ich saß in der U-Bahn und wurde von meinen Gedanken überrollt: „Kannst du nicht pünktlich wegfahren?“ „Du kriegst dein Leben überhaupt nicht auf die Reihe.“ „Was soll die jetzt von dir halten?“

Die Liste wäre endlos. Ich rief Hedi an, um ihr zu „beichten“, dass ich mich ein wenig verspäten würde. So fühlte es sich an, wie eine Beichte. Hedi nahm die Information auf. Es folgte aber keine Bewertung des Umstands. Ich spürte eine Akzeptanz, dass es jetzt ist, wie es ist. Dadurch konnte auch ich die Situation besser annehmen und meine Gedanken wurden ruhiger. Im Nachhinein betrachtet würde ich sagen, dass unsere Sitzung schon an diesem Punkt begonnen hat. Vieles war darin enthalten, was Trager heute für mich ausmacht: Aufnehmen, was da ist. Anerkennen, was da ist. Die Bewertung, Bewertung sein lassen. In der Akzeptanz zur Ruhe kommen. Im Zustand einer gelassenen Präsenz sein. Keinem verzweifeltem Aktionismus verfallen. Und trotzdem in jedem Moment bereit sein, eine Handlung zu setzen, die mir, im Zusammenspiel mit meiner Umwelt dienlich ist. Wenn ich vergleiche, wie ich heute mit ähnlichen Situationen umgehe, hat sich etwas verändert. Ich denke, dass Trager dazu beigetragen hat. Heute sind U-Bahn Fahrten oder andere „Leerzeiten“, Einladungen für mich, ein bisschen mein Gewicht von einem Bein zum anderen zu verlagern oder zu schauen, wo in meinem Körper es etwas mehr Weichheit oder eine andere Qualität vertragen könnte. Und es geht gar nicht darum, sofort eine Lösung für alles parat zu haben. Das Wahrnehmen reicht völlig aus. Eine Verschiebung im Fokus. Das hat sich auch verändert seit Trager ein Teil meines Lebens ist: Ich nehme anders wahr. Mich selbst, meine Gedanken, meinen Körper. Und mit anders meine ich: ein wenig freundlicher. Trager ist für mich eine freundliche Begegnung. Das klingt zwar banal, ist aber gar nicht selbstverständlich. Im Alltag stoßen wir auch auf viel Freundlichkeit. Oft ist es aber eine gespielte Freundlichkeit, die automatisch abgerufen wird. Bei der Freundlichkeit, die ich meine, gibt es eine kurze Pause im Austausch. Eine Pause, in der wirkliche, aufrichtige Verbundenheit entstehen kann. Zu mir selbst und anderen. Durch Trager habe ich gelernt, wie wichtig Pausen sind.

Meine erste Sitzung habe ich, und ich kann es auch nicht anders beschreiben, einfach als angenehm empfunden. Gleich danach habe ich mich für das Level 1 der Trager Ausbildung angemeldet, das bald darauf begann. Dem Entschluss ging keine lange Phase des Überlegens voran. Dafür war auch keine Zeit. Ich empfand es auch als entlastend, dass ich gar nicht die Gelegenheit hatte, länger darüber nachzudenken: Soll ich oder soll ich nicht? Oft neige ich dazu, dieses Gedankenspiel zu lange zu spielen, die Dinge zu 'zerdenken', was letztlich hinderlich ist, eine „Bauchentscheidung“ zu treffen. Ich denke nicht, dass es von Vorteil ist, ausschließlich aus dem Bauch heraus zu entscheiden. Eine Ausgewogenheit zwischen Kopf und Bauch. Das wünsche ich mir bei Entscheidungen. Durch Trager ist dieser Prozess mehr in Balance gekommen. Das Körpergefühl, die Rückmeldung, die mir mein Körper gibt, wird von mir besser wahrgenommen und in meine Entscheidungen eingebunden. Entscheidungen, die ich treffe, fühlen sich insgesamt stimmiger an. Nicht besser oder schlechter. Das Denken in diesen zwei Kategorien ist mehr in den Hintergrund gerückt. Ich merke, dass es mich in keiner Weise weiterbringt, etwas als gut oder schlecht zu bewerten. Ich kann sagen, dass mein Denken insgesamt körperlicher geworden ist. Das fühlt sich manchmal noch sehr ungewohnt an, weil ich die Fähigkeit körperlich zu denken, etwas verloren hatte. Dazu gehört auch, Unangenehmes bewusster wahrzunehmen. In der Regel würde ich gerne vermeiden, Unangenehmes zu spüren. Das ist aber nicht möglich. Meine Trager Praxis (Mentastics, Sitzungen geben und nehmen) hilft mir, auch unangenehme Gefühle besser anzunehmen und mir in Ruhe zu überlegen, was ich brauchen würde, um mich wieder in einen ausgeglichenen Zustand zu versetzen. Das gilt sowohl für die körperliche als auch für die psychische Ebene, die einander in den meisten Fällen bedingen.

Durch Trager habe ich ein wirksames Mittel bekommen, mich körperlich wieder in Einklang zu bringen: Mentastics. Was ich an Mentastics am meisten schätze ist, dass ich nichts und niemanden von außen dazu brauche. Ich brauche 'nur' mich selbst und meinen Körper und den habe ich bekanntlich immer dabei. Was ich außerdem sehr an den Mentastics mag: ich kann sie nahezu immer und überall ausführen. Manchmal nehme ich mir bewusst Zeit für Mentastics. Aber auch sonst lassen sich in viele Abläufe im Alltag Mentastics einbauen. Zum Beispiel beim Zähneputzen: Was ist das Gewicht der Zahnbürste in meiner Hand? Halte ich sie locker oder ist meine Hand verkrampft? Könnte ich sie mit ein bisschen weniger Aufwand halten, sodass sich meine Schulter und mein Hals entspannen können? Mit welchem Druck führe ich die kreisenden Bewegungen aus? Sind sie nur Mittel zum Zweck, um die Zähne sauber zu bekommen oder kann ich ihnen sanfte Impulse geben, damit auch mein Kiefer und mein Gesicht etwas an Spannung abgeben können? Und so weiter und so fort. Auf diese Weise können viele Tätigkeiten, die ich täglich ausführe, Teil meiner Mentastics Praxis sein. Früher waren das die Zeiten, in denen ich mich in Gedankenkonstrukten „verbissen“ habe: Was könnte sein? Was wäre wenn?... Ich bin insgesamt nicht mehr so verbissen. Das wirkt sich auch auf meine gesamte Körperspannung aus. Unnötige Körperspannung hat abgenommen und ist zugunsten einer mir dienlichen gewichen. Meine Bewegungen fühlen sich geschmeidiger, fließender, (integrierter) an. Es kommt mir vor, als wäre ich jemand geworden, der nicht wirklich tanzen muss, um sich als Tänzer zu fühlen.

Auf Level 1 folgte Level 2, dann Level 3 und Level 5. Level 4 wird auch bald kommen. Obwohl ich nun schon einige Sitzungen gegeben und in gewisser Hinsicht 'Routine' bekommen habe, ist es immer noch so, als würde ich am Anfang stehen. Das ist Trager auch für mich: Alles ist immer wieder frisch und neu. Ich empfinde es als große Bereicherung, dass Trager in mein Leben gekommen ist. Ich durfte dadurch schon viele berührende Begegnungen erfahren, körperlich und menschlich. Ich freue mich auf viele weitere. Trager ist mittlerweile ein wichtiger und fixer Bestandteil geworden, dem ich in Zukunft noch mehr Raum und Zeit schenken möchte.